Ute Donner im Interview – „Umbrella Peace Art“ meets Soldiner Straße

Ute Bella Donner mit ihrer Kunstaktion „Umbrella Peace Art“ vor dem Roten Rathaus

Sept. 2012 – Seit Monaten organisiert Ute Donner die “Umbrella Peace Art in Berlin. Bei Ihrer Kunstaktion unmittelbar vor dem Roten Rathaus, malt sie gespendete Regenschirme um, zu Menschrettungsschirmen. Am 2. Sept. kommt sie mit ihrer Kunstaktion zu Besuch in die Soldiner Straße.

Du hast dir ja den Kundgebungsplatz an der Panke hier im Soldiner Kiez angesehen–Welche Gedanken gehen dir dabei durch den Kopf?
Ich war erstaunt und froh, in mitten des Großstadtgewusels diesen grünen Fleck vorzufinden und so einen tollen Kinderspielplatz gleich neben der Panke! Es ist ein schöner Platz für die Schirme!
Der Soldiner Kiez ist ein sozialer Brennpunkt und somit das ungefähre Gegenteil zu dem Ort, an dem Umbrella Peace Art sonst immer stattfindet. Am Neptunbrunnen kommen zwar Menschen aus der ganzen Welt vorbei, aber das sind meistens Touristen. Hier treffe ich auch auf Menschen anderer Nationen, aber es sind keine Touristen, sondern sie leben hier unter ärmeren Umständen. Das ist ein großer Unterschied!
Sie brauchen Menschenrettungsschirme.

Aus welchem Hintergrund heraus hat sich Umbrella Peace Art entwickelt?
Nachdem ich die brutale Zelträumung auf dem Alexanderplatz im letzten Sommer miterlebte, habe ich den Regenschirm als Kunstobjekt und Protestform für mich entdeckt. Ähnlich wie ein Zelt, bietet er den Menschen Schutz. Es geht darum, dass nicht Banken, sondern Menschen Rettungsschirme benötigen.

Damals entstand der erste Menschenrettungsschirm mit der Aufschrift „Yes we camp“, mit dem ich über dem Alexanderplatz lief. Seit dem habe ich immer wieder Schirme mit Botschaften versehen, die bei Demonstrationen oder im Occupy-Camp zu sehen waren.

Anlass für die Aktion, die ich gemeinsam mit der acampada Aktivistin Saskia Koch Anfang April am Neptunbrunnen begann war der öffentliche Hungerstreik iranischer Flüchtlinge in Würzburg. Sie protestierten gegen ihre unmenschlichen Lebensbedingungen in dem deutschen Asyllager. Dazu kam der öffentliche Selbstmord eines 77jährigen Mannes in Griechenland, der sich vor dem griechischen Parlament in den Kopf schoss, weil er nicht mehr genug Geld zum Leben hatte. Wir sagten uns: Selbstmord aus Protest – es reicht! Wir machen jetzt Rettungsschirme für Menschen – und 1000 Schirme sind nicht genug!

Was verbindest Du mit dem Wort „Frieden“?
Wenn Menschen ohne Gewalt miteinander leben bzw. andere Menschen in ihrem Anderssein tolerieren, wenn sie nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander kooperieren, wenn sie statt ihrer Gegensätze, die Gemeinsamkeiten sehen, wenn sie zur Liebe und Empathie fähig sind und teilen, damit ein Leben ohne Hunger und Not für alle möglich ist. – wenn sie dieses Bewusstsein haben zur Menschlichkeit, und wenn sie Mitmenschlichkeit leben, also sich nicht nur selber sehen, sondern sich selbst als Teil eines Ganzen begreifen. Diesen Frieden, dieses Bewusstsein muss jeder, muss ich, in mir selber finden. Jeder muss damit bei sich selbst anfangen. Ich wünsche mir, dass die Menschheit das schafft, bevor sie sich in Kriegen vernichtet.
Frieden ist für mich in Kurzform gefaßt: Keine Gewalt!

Von wem bekommst Du Schirme?
Ich kaufe Schirme und Farben selber. Es gibt keine Organisation, Verein o.ä., welche die Aktion unterstützen. Aber ich habe auch schon von Facebook-Freunden Schirme geschickt bekommen.
Willi, einer der Aktivisten, die mitmachen, hat bei ebay schirme gekauft. Manchmal kommen auch Freunde vorbei, helfen beim Aufbau und bringen Schirme mit.
Ein schönes Erlebnis war meine Vernissage am 22.7. „Mein Bagger steht in der Heide“ mit Bildern zu Texten von Gerhard Gundermann in Müncheberg, bei der auch ein Konzert mit dem Schauspieler Axel Prahl und dem Regisseur Andreas Dresen, die Gundermannlieder sangen, stattfand. Die Konzertbesucher und beide Künstler brachten mir Regenschirme mit. Es ist so gedacht, dass die Menschen, die vorbei kommen, einen Schirm spenden und ihn dann selber bemalen.

Wie viele Schirme gibt es mittlerweile in der Sammlung?
Es kommen schon 500 zusammen. Da ist die Schirmwimpelkette mitgerechnet, die aus bemalten Schirmen besteht, die durch den Wind kaputtgegangen sind.

Welches ist Deine Lieblingslosung?
„Du bist mehr als die Schuhe, die Du trägst“.

Bekommst Du ausreichend Unterstützung?
Dietlind ist immer dabei, genauso wie Willi und Jörg, der den Live Stream macht. Unterstützung bekommen wir immer mehr von meinen Freunden, die ich die „Empörten“ nenne. Eine große Unterstützung kommt von Heiner Bücker, dem Wirt des Antikriegscafes Coop, gleich am Neptunbrunnen, der erst sein Auto und jetzt das Cafe als Unterstellmöglichkeit zur Verfügung stellt.
Der Pfarrer der Marienkirche gleich auf dem Platz, Gregor Hohberg, hat uns sehr geholfen. Wir durften  unseren Materialtransporter an der Kirche parken. Dies wurde leider vor kurzem auf unschöner Art und Weise durch eine neue Pfarrerin beendet.
Da die Schirme immer mehr werden, bräuchten wir dringend noch mehr Helfer für den Transport und beim Auf- und Abbau der Schirme.

In welchen Bereichen bist Du noch aktiv?
Ich male Bilder zu eigenen Texten und zu Liedtexten. Vor allem die Lieder von Gerhard Gundermann haben mich bisher am meisten inspiriert.
Seit Jahren bin ich in der Friedensbewegung aktiv und protestiere gegen Ungerechtigkeiten. Wenn ich die nicht mehr aushalten kann, mache ich auf der Straße antifaschistische Kunstaktionen.

Was treibt dich an, jedes Wochenende vor dem Rote Rathaus so eine große Aktion durchzuführen?
Ich glaube daran oder besser, ich weiß, dass Kunst etwas verändern kann. Ich möchte mit Menschen ins Gespräch kommen und seit April gab es jede Menge wunderbare Begegnungen. Die Aktion ist für mich eine internationale Kunstaktion, weil dort viele Touristen vorbeikommen, die mit Begeisterung ihren eigenen Menschenrettungsschirm bemalen und die Idee weiter tragen in die ganze Welt. In Deutschland gibt es auch schon Aktivisten, die in ihren Städten die Aktion übernommen haben.

Welche Eindrücke bei deiner Aktion gefallen dir am besten?
Die Begeisterung der Menschen, mit der sie die Aktion annehmen und das Glück in ihren Augen.
Das Interview führte Matthias von Hoff

Foto: Ute Donner

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